Gestern hatte ich die Gelegenheit, ein neues Praxisteam kennenzulernen. Es fühlt sich immer an, wie ein erstes Date. Der erste Eindruck zählt, besonders wenn es um die Dynamik eines Teams geht. Im Vorfeld hatte ich die Praxis recherchiert und mich mit dem Praxisinhaber abgestimmt, um einen Workshop zum Thema „Umgang mit intensiven Patientensituationen“ zu leiten. Nach dem Workshop wurde noch bewusster, wie entscheidend die Interaktionen im Team für die Patientenversorgung sind.
Im hektischen Praxisalltag hinterlassen häufige Änderungen und ein gesteigertes Patientenaufkommen Spuren bei den Ärzten und den Praxismitarbeitenden. Diese Schnelligkeit bringt zum Teil Unsicherheit. Die beeinträchtigen nicht nur die Konzentration, sondern auch die Kommunikation sowohl untereinander als auch mit den Patienten. Es entsteht ein stressiger Mix, der leicht zu Missverständnissen und Frustration führen kann.
Ein bekanntes Sprichwort besagt, dass das Leben zu 10% aus dem besteht, was passiert, und zu 90% aus unserer Reaktion darauf.
Doch wie können Ärzte und das Praxisteam souverän und professionell in solchen Situationen reagieren? Ein erster Schritt ist es, sich selbst gut zu kennen und einschätzen zu können. Persönlichkeitstests können dabei helfen, sich in verschiedenen Situationen zu reflektieren. Im hektischen Praxisalltag bleibt oft keine Zeit für diese Art der Selbstreflexion. Einen geschützten Raum bieten Teamworkshops, um sich selbst besser kennen zu lernen und auch die Kollegen und Kolleginnen. Aus welchen Menschentypen setzt sich das Team zusammen und welche Fähigkeiten und Kompetenzen braucht es, um den Praxisalltag zu gestalten? Dynamiken werden deutlicher und Lösungen gemeinsam erarbeitet.
In Teams, in denen überwiegend stetige Persönlichkeitstypen vertreten sind, die auf Erfahrung und Vertrautes setzen, können intensive Situationen einen überproportional großen Raum einnehmen. Dieses Ungleichgewicht kann zu einer Verschärfung der Lage führen, da sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf die problematischen 15% richtet, während die reibungslosen 85% in den Hintergrund treten. Es entsteht unbewusst ein „Tunnelblick“.
Stetige Persönlichkeiten sind eher personenorientiert. Gefühle leiten sie, weniger Standards. Hier ist eine geführte Reflexion, beispielsweise in regelmäßigen Team-Besprechungen, von entscheidender Bedeutung. Ergänzend dazu helfen gezielte Methoden und regelmäßige Schulungen dabei, persönliche Fähigkeiten zu entwickeln und die Schlagfertigkeit sowie die Stresstoleranz zu erhöhen.
Stetige Persönlichkeitstypen neigen dazu, Veränderungen zu meiden. Neuerungen und Veränderungen machen eher Frust als Lust, daher sind Praxisinhaber und Führungskräfte stark gefordert, das Team in Bewegung zu halten. Die Fähigkeit, schnell auf aktuelle Gegebenheiten zu reagieren, ist entscheidend für die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Praxis. Ein fundiertes Wissen über die eigenen Stärken und die der Kolleginnen und Kollegen kann dabei helfen, Emotionen zu regulieren und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Einerseits können Teams mit ähnlichen Persönlichkeitstypen eine gewisse Kohärenz aufweisen. Die Mitglieder verstehen einander intuitiv und es scheint, als würde alles reibungslos funktionieren. Doch auf der anderen Seite fehlen der entscheidende Vergleich und die Reflexion. Ohne Vielfalt in den Denkweisen und Verhaltensweisen besteht die Gefahr, dass das Team in einem engen Korridor der Gewohnheiten gefangen bleibt.
Insbesondere wenn es um den Umgang mit intensiven Patientensituationen geht, können homogene Teams Schwierigkeiten haben, sich auf neue Herangehensweisen einzulassen. Gewohnheiten und Routinen können zu einem Hindernis für innovative Lösungen werden. Die Kommunikation kann stagnieren, da alle Teammitglieder ähnliche Ansichten teilen und neue Perspektiven untergehen.
Für ein erfolgreiches Praxisteam ist es daher entscheidend, die Homogenität zu durchbrechen und Raum für Vielfalt zu schaffen. Durch den bewussten Umgang mit den unterschiedlichen Persönlichkeitstypen im Team können neue Ideen und Herangehensweisen entstehen.
Letztendlich ist es die Vielfalt der Persönlichkeiten, die ein Team stark macht. Die Fähigkeit, unterschiedliche Ansichten und Herangehensweisen zu integrieren, ermöglicht es dem Team, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren und innovative Lösungen zu entwickeln. Die bewusste Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Persönlichkeitstypen im Team ist daher nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Chance für nachhaltigen Erfolg und kontinuierliche Weiterentwicklung in der Praxis.
In der komplexen Welt der Medizin ist nicht nur das Fachwissen, sondern auch die Fähigkeit zur effektiven Teamarbeit von größter Bedeutung. Durch ein tieferes Verständnis der verschiedenen Persönlichkeitstypen im Team können Ärzte dazu beitragen, eine positive und produktive Arbeitsumgebung zu schaffen, die letztendlich allen Beteiligten zugutekommt – vor allem den Patienten.
Sprechen Sie mich sehr gerne an, wenn Sie Ihre Teamdynamik erkennen und das Team weiterentwickeln wollen. Ich freue mich auf Sie.